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LIDO IM MALKASTEN (BAR)
ROTUNDE IM HENTRICHHAUS

PIA FRIES

durch sieben siebe

14. März 2023 bis Aug. 2023

Eröffnung am 14. März 2023, 18–21 Uhr
Lido Bar und Rotunde, Hentrichhaus

Öffnungszeiten:
Mo-Sa 12-00 Uhr, So 12-21 Uhr

Bilder können trügen. Sie können Zweifel an der Wirklichkeit säen, Regeln brechen, Vertrautes durch Unbekanntes völlig neu gestalten. Irritation und Illusion gehören zu den ältesten Strategien in der Malerei. Pia Fries nutzt sie als Mittel, Grundlagen der Disziplin infrage zu stellen. „durch sieben siebe“ betitelt die Künstlerin ihre Ausstellung an zwei Orten des Künstlerverein Malkasten. Insgesamt neun Papierarbeiten vermitteln einen Eindruck ihrer ständigen Suche nach neuen Erscheinungsformen. Acht davon stammen aus dem Jahr 2002. Sie werden in der Lido Bar im Malkasten präsentiert. Das ausstellungstitelgebende Werk „durch sieben siebe“ von 2022 wird in der Rotunde des Hentrichhauses gezeigt.

In ihrer Arbeit befasst sich Pia Fries mit den Grundelementen der Malerei. Sie untersucht Fläche, Form und Farbe auf ihre ureigenen Qualitäten und betont im Bild ihre Fähigkeit wechselseitiger Transformation. Zum Malen legt sie das Trägermaterial auf den Boden oder Tisch. Sie schüttet Ölfarben aus Dosen, drückt sie aus Tuben oder durch Hebelpressen, türmt zähe Farbmasse zu Reliefs oder lässt verdünnte Farben zu Schlieren ineinander rinnen. Mit Pinseln, Spachteln, Rechen und anderen teils selbst gebauten Werkzeugen mischt, verwischt, schichtet oder zerfurcht sie das Material in einem Prozess aus Planung, Intuition, Zufall und Willkür. Erst im Zusammenspiel entfaltet sich die Wirkung der einzelnen Farben, die sich mal matt, mal glänzend, mal hart, mal weich oder pastos und lasierend gegenüberstehen. Zur Gestaltung wählt Pia Fries überwiegend abstrakte, nicht gegenständliche Formen. Viele greifen die Gesten der Künstlerin auf, die den Malgrund im Verlauf der Zeit umschreitet, dreht und wendet und aus allen möglichen Perspektiven bearbeitet.

Seit dem Jahr 2000 kombiniert Pia Fries diese Art der Malerei mit Druckgrafik. Diese zeichnet sich insbesondere durch die Betonung der Linie aus. Häufig greift die Künstlerin historische Grafiken auf, die sie als Reproduktionen im Siebdruckverfahren auf ihre Bildträger setzt. Als Vorbild der Arbeit „durch sieben siebe“, das sie als Titelmotiv dieser gleichnamigen Ausstellung wählte, diente ihr Hendrick Goltzius‘ Kupferstich des „Herkules Farnese“. Im 16. Jahrhundert fertigte Goltzius ihn zu Studienzwecken nach dem Abbild einer antiken Skulptur. Dabei handelte es sich um die römische Kopie eines griechischen Originals des um 400 geborenen Lysipp. Pia Fries löste das Motiv aus seinem historischen Kontext. In fragmentierter und farblich veränderter Form übertrug sie das Bild metaphorisch „durch sieben Siebe“ in die Gegenwart.

Neben historischen Druckgrafiken greift Pia Fries auch auf fotografische Elemente zurück. Sie können in den Exponaten dieser Ausstellung über die Arbeiten auf braunem Papier nachvollzogen und in den Kombinationen aus Farbmalerei und Siebdruck wiederentdeckt werden. Inspiration fand die Künstlerin in diesen Fällen nicht in figürlichen Darstellungen, sondern in den Malutensilien selbst. Sie wählte zerknülltes Papier oder Skulpturen aus Farbe als Motive, die sie losgelöst vom Bildträger nach bildhauerischen Aspekten formte. Jene Farbmodellierungen setzte Fries zusätzlich auf einen Spiegel. Die so entstehenden Zwiegestalten aus Bild und Abbild hielt sie anschließend fotografisch fest. Wiederum bearbeitet, übertrug sie das fotografische Abbild dann mithilfe des Siebdrucks auf den Bilduntergrund.

Pia Fries wendet Variation, Irritation und Reproduktion als Methoden an, um Bekanntes zu verfremden, Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verbinden und alte Sehgewohnheiten zu durchbrechen. Die Farbe als Erscheinung und Material ist ihr Mittel der Wahl, neue Reize im Bewusstsein zu wecken. „Mir geht es um […] Kräfte, die sich zeigen – zeigen wollen“[1], erklärt die Künstlerin.

Text: Therés Lubinetzki

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[1] Ausstellungsfilm, Pia Fries – Krapprhizom Luisenkupfer, 18.12.2010–27.3.2011, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe.

Pia Fries, durch sieben siebe mk (Detail), Acryl und Siebdruck auf Papier, 2022, Foto © Hans Brändli
VG Bild-Kunst, Bonn 2023

Fotos: Achim Kukulies, Düsseldorf