Jacobihaus
David Czupryn
Martedi
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Herzliche Einladung zur Eröffnung am Dienstag, 6. Juni 2023, 18 Uhr.
Architektur, Malerei oder Bildhauerei? In der Renaissance hat sich im Kunstdiskurs ein Paradigma durchgesetzt, das bis heute wirkt: Der Paragone, der Rangstreit der Künste. Was Schein ist und was Sein untersucht der in Düsseldorf lebende Künstler David Czupryn. Seine Werke erweitern den klassischen Gattungsvergleich in die gegenwärtige Dimension – mit einer entscheidenden Wendung: Das Und der Künste hat bei ihm Vorrang vor dem Entweder-oder. Die Ausstellung „Martedì“ im Künstlerverein Malkasten zeigt von Juni bis August 2023 eine Auswahl an Gemälden, Zeichnungen und Druckgrafiken, die Czupryns vielseitige Auseinandersetzung mit der Kunstgeschichte widerspiegeln.
Schein oder Sein
Als Michelangelo (1475–1564) die Sixtinische Kapelle in Rom mit Deckenfresken ausmalte, entwickelte er ein Bildprogramm, in dem Architektur und Malerei miteinander verschmelzen. Der italienische Renaissancekünstler setzte Szenen in baulich vorgegebene Felder. Darüber hinaus erweiterte oder gliederte er den tatsächlichen Raum durch illusionistische Bauelemente für seine Bilderzählung. Gemalte Nischen oder Wandvorsprünge dienten ihm dazu, einzelne Figuren und deren Handlungen zu betonen. Michelangelo nutzte Strategien aus Bau- und Bildhauerkunst, um die Scheinwelt der Malerei in der Welt des Seins zu verankern.
In den Werken von David Czupryn (*1983) wird diese Methode zum Programm. Auch er nutzt die seit der Antike entwickelten Möglichkeiten der Inszenierung, um Einzelfiguren ikonenhaft zu akzentuieren. Er setzt sie auf Sockel und Konsolen – aus der Mauer hervortretende Tragsteine – oder stellt sie in Nischen und vor rahmende Wandfelder. Auf die perspektivische Genauigkeit der Scheinarchitekturen legt er ebenso großen Wert wie auf die mimetische – nachahmende – Darstellung von Materialien wie Marmor oder Holz. Die Kunst der Augentäuschung, das Trompe-l’œil, feiert bei Czupryn ein unerwartetes Comeback. Nicht zuletzt in gemalten Pixelgrafiken, durch die der Künstler jeden Blick in die Vergangenheit wieder in die Gegenwart richtet.
Skeleton Dance
In seinen Werken komprimiert David Czupryn ganze Kulturgeschichten. Er stellt das Und über das Entweder-oder. Seine Figuren greifen mit einem gewissen Hang zur Ironie klassische Motive der Kunst auf. In der Serie „they“ ist es beispielsweise das der Vanitas. Musizierende oder Golf spielende Skelette: Czupryn findet zeitgenössische Sinnbilder für das irdische Leben als leeren Schein, für die Vergänglichkeit alles Irdischen. In welcher Geschwindigkeit sich die Bedeutung von Dingen, von Bildgedächtnissen, aber auch Gesellschaft und Kultur verändern, vermittelt er überspitzt in einem „dabbenden“ Gerippe. Ein Dab [dæb] ist eine zum Hype gewordene Tanzgeste, bei der ein Arm zur Seite ausgestreckt wird, während man den Kopf in die Beuge des anderen fallen lässt. Die selbstbewusste Pose stammt aus der amerikanischen Hip-Hop-Szene, entwickelte sich durch YouTube und soziale Medien aber zum Mainstream.
Kritik, Lob oder Kommentar? Czupryn befasst sich mit den wichtigen Themen unserer Zeit. In dem Gemälde „Hans Joachim Schellnhuber“ zerbricht sich eine Figur vor dem Portrait des titelgebenden deutschen Klimaforschers den Kopf über steigende Temperaturen. Ein angekokeltes Streichholz auf den Stufen zu einer abstrahierten Holzbüste scheint den Menschen in „Pyromaniac“ als Übeltäter zu identifizieren. Jede Arbeit von David Czupyn erzählt eine eigene Geschichte. Sie funktionieren im Einzelnen noch besser aber im Verbund. Das Verbindende steht vor dem Trennenden, der universelle Blick übertrifft den verengten.
Text: Therés Lubinetzki
Titelmotiv: David Czupryn, und pass auf dich auf, 2021, 180 x 130 cm, Öl auf Leinwand, Foto: Ivo Faber